Mittwoch, 12. August 2015

Gedichte und Prosatexte zum Thema Hitze


Fieber (Peter Fox)

Ich steh auf
Leg mich gleich wieder hin
Es ist zu heiß, um es wirklich geil zu finden
Ein Schritt reicht, gleich tropft Schweiß vom Kinn
Pack mein Sack in Eis und da bleibt er drin
Die Stadt dreht ab, schreit nach Wind
Man ist platt, wenn man draußen Zeit verbringt
Alle Frauen halb nackt in tightem String
Wenigstens ein Fakt, von dem ich begeistert bin
Ich hab Fieber, lieg auf'm Rücken
Ich brauch Waffen für 'n Krieg gegen Mücken
Ich halluzinier, hab trockene Lippen
Und träum von Schneeflocken und Skihütten

Meine Fresse glänzt, bin durchnässt und kämpf mich zum Kühlschrank
Hol 'n freshes Hemd, brauch kein Testament
Auch der letzte Cent geht drauf
Ich kauf mir 'ne Air-Condition, denn:

Meine Stadt hat Fieber
Sie tropft und klebt
Wir haben schwere Glieder
Der Kopf tut weh
Wir sind wie 'n alter Hund, der grad noch steht
Wir ham's verzockt, verbockt, der Doktor kommt zu spät

an der Spree, der Winter tut gut, der Sommer tut weh
Sonne knallt, die Mülltonnen qualmen
heißt unter den Palmen

Die Luft steht, über mir schwebt der Smog
Ich bin Krebs, werd lebend gekocht
Meine Gegend ein Sumpf, ein schäbiges Loch, wenn es regnet, verbinden Stege die Blocks,
ich geh zur Post mit Machete,
Verwandte aus Schweden schicken CARE-Pakete,
Vorräte kosten Endknete,
ich klau meiner Katze die letzte Gräte,

Meine Fresse glänzt, bin durchnässt und kämpf mich zum Kühlschrank,
hol 'n freshes Hemd, brauch kein Testament, der Westen pennt
Bis der ganze verpestete Hexenkessel brennt!

Meine Stadt hat Fieber
Sie tropft und klebt
Wir haben schwere Glieder
Der Kopf tut weh
Wir sind wie 'n alter Hund, der grad noch steht
Wir ham's verzockt, verbockt, der Doktor kommt zu spät


***


Drückend brennt sie.
Erdrückt harre ich aus,
aus Angst zu viel zu tun.

Der Autositz ist heiss,
das Lernen unmöglich.
Überall spür ich Schweiss,
Sport wäre tödlich.

Gedanken an Kühles sind wie Träume.
Die Kleider kleben.
Ventilatoren sind meine besten Freunde.
Die Konzentration hört auf zu leben.

Ich beginne zu schwitzen,
lieg unter den Baum.
Ich beginne zu schmelzen,
freue mich auf einen kühlen Raum.

Die Hitze wird krasser,
die Grenze ist erreicht.
ich flüchte ins Wasser,

das kühlend meine Haut streicht.



***



verlassen liegt die strasse vor meinen füssen, 
nicht mal den hotdog-verkäufer kann ich grüssen. 
der gute mann hat seinen stand
verlassen wegen sonnenbrand. 

auch die frau von nebenan, 

verkriecht sich mit ihrem ehemann. 
sie sehnen sich nach kalter luft,
doch kriegen sie heissen sommerduft. 

vom nachbarskind hört man einen jubelschrei, 
den der kriegt von der schule hitzefrei.
ins schwimmbad renne alle geschwind,
onkel, tante, frau und kind.

die luft draussen ist erdrückend und schwül, 
doch von den klimaanlagen windet es kühl. 
von überall her tropft der schweiss,
dieser sommer ist wirklich heiss.



***

Unerträglich läuft der Schweiss aus den Poren unter den Achselhöhlen. Er läuft am Brustkorb hinunter und befeuchtet das T-shirt, sodass es triefend am Körper klebt. Das unangenehme Gefühl zu stinken weil der Schweiss am Leibe eintrocknet, ist so sehr lästig, dass man sich am liebsten einer kalten Dusche unterziehen würde. Vor allem, wenn man im Schulzimmer sitzt und sich neben der Hitze auf den Unterrichtsstoff konzentrieren sollte.

Gleichzeitig sagen die Leute, dass es schlechtes Wetter ist, wenn es regnet? Obwohl sie sich unter der scheinbar senkrecht einfallenden Sonne oder im schwülen Bus nichts sehnlicher wünschen als Wasser auf der Haut, dass ausnahmsweise nicht Schweiss ist. Ich kann die Leute beim Thema Hitze nicht verstehen, sie quälen sich scheinbar beim schönen Wetter viel mehr als beim schlechten Wetter

***

Die ganze Terrasse glühte. Die Hitze schien alles aufzusaugen: Gespräche, Sauerstoff, Farben. Stattdessen glänzte alles nur noch matt in einem milchig trüben Licht; nur der Himmel strahlte in einem unzerstörbaren blau. Fast schon trotzig blickte er auf seine schwitzende, keuchende Welt hinab. Wie sie versuchte, im Schatten Zuflucht zu finden oder mit hektischen Fächelbewegungen verzweifelt ihre Luft zurück zu gewinnen.
Doch auch die Luft schien wie ohnmächtig vor der brennenden Sonne zu sein, mochte keinen Windstoss tun und fühlte sich grässlich an, wenn sie mühsam die Atemwege hinauf kroch und sich auf die Gesichter presste. 
Die Hitzewelle hatte jeden getroffen. So sehr sich alle gefreut hatten, als es vor zwei Wochen endlich warm geworden war, so gelähmt sassen sie jetzt im Terrassencafé, nuckelten an Strohhalmen, nach jedem winzigen Tropfen Flüssigkeit lechzend und wischten sich die Stirne. Kaum jemand sprach, es wurde nicht gestöhnt und geseufzt, jeder war still. Oder vielleicht war die Hitze auch einfach lauter. Ihre Allgegenwärtigkeit liess die Welt schlammig werden, die tropfenden Menschen, das nicht zu löschen vermögende Wasser, eine Sekunde erfrischend und danach faulig im Rachen, dieses luftleere Etwas, das hätte eingeatmet werden sollen.

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