Vortragsreihe
Gruppenlektüre: Literatur aus den letzten fünf Jahren
Geiger, Lüscher, Zeh, Melle, Erpenbeck, Kracht, Bärfuss
Donnerstag, 17. März 2016
Der Trafikant (S. 97-147): Fragen und Aufträge
1. Was gefällt Anezka an Franz auf Anhieb und was läuft an ihrem erste Date schief?
2. Auf welche Weise wird Hitler in dem Kabarett parodiert?
3. Warum weiß Franz nicht, ob er Aneka liebt? (136)
4. S. 113 unten: Was für ein Falter? Was soll das an dieser Stelle?
5. »Nicht einmal zu mir selber!« (113) – Erklären Sie diese Aussage Anezkas.
6. Was Franz seiner Mutter auf seiner Postkarte (114) genau erzählt, ist nicht auf Anhieb klar, man muss es erläutern. Sie sind dran ;)
7. Was mögen Franz und Freud aneinander?
8. Auf den Seiten 133ff. erzählt Franz Sigmund Freud Dinge, die wir alle bereits kennen. Was davon ist neu für uns?
9. Suchen Sie nach mindestens zwei Stellen, in denen die politische Situation thematisiert wird.
10. Googeln Sie mal Libido und lesen Sie darüber, z.B. hier, hier oder hier
11. Was ist mit »Nachtseite der Seele gemeint« (139)?
12. »Freud schluckte.« (142) Wieso reagiert Freud so betroffen?
13. Was geschieht mit dem »Roten Egon« und weshalb?
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Seethaler
Freitag, 11. März 2016
Blind Date
Ich trete
hinein und als Erstes überwältigt mich der Geruch von Fett, Schweiss und
stickiger Luft. Ich wollte nicht in das sogenannte „Restaurant“, McDonald’s
gehen. Für das Treffen. Alles andere, nur nicht eine Fastfood Kantine. Ich wusste schon von Anfang, es wird eine Katastrophe. Nichts kann
gut rauskommen in so einem Ort. Aber nun ist Ruhe und guter Gedanke angesagt. Und trotz meiner Befürchtungen, scanne ich den Raum
und finde ihn einfach, am Fenster in einem der Sessel sitzend.
Ich entschuldige mich für die Verspätung, wie immer. Er scheint jedoch nicht besonders davon berührt sein und hat ein strahlende, glückliche Augen. Ob wegen mir? Nein, blödsinn.
Wir reden über schon längst abgenutzte Themen. Aber was will man anderes tun? Immer wieder tretet ein Schweigen ein, das nicht unbedingt als angenehm zu bezeichnen ist. Vielleicht ist er schon normalerweise schüchtern, was nicht schlimm wäre, falls dies ebenfalls nicht in meiner Natur läge. So aber bietet es ein Problem dar. Endlich finden wir dieselbe Sprache und das Gespräch ist auf der sicheren Seite. Jedoch bemerke ich zu meinem Erschrecken etwas an ihm. Er ist nicht so hübsch wie auf dem Bild, das er mir geschickt hatte! Bitte kein Photoshop-guy. Abgesehen davon spüre ich irgendetwas anziehendes, spezielles: Sein Lachen, wenn ich einen miesen Kommentar über einen Passanten nicht unterdrücken kann, seine Augen, die mich so interessiert anschauen, dass es furchterregend wird. Ich kann nicht lange in seine Augen schauen, ich kann's bei niemanden so richtig. Ich habe Angst, dass mein Herz schmilzt und ich mich nicht mehr losreissen kann. Die Fenster zur Seele, sagt man. Seine sind hell und spiegeln wirklich die Umgebung, wie Fenster. Erst zu diesem Zeitpunkt merke ich, dass er stylisch angezogen ist und seine Haare hellbraun, fast blond und weich sind. Oh, wie gerne ich meine Hand darin eingraben würde.
Ich entschuldige mich für die Verspätung, wie immer. Er scheint jedoch nicht besonders davon berührt sein und hat ein strahlende, glückliche Augen. Ob wegen mir? Nein, blödsinn.
Wir reden über schon längst abgenutzte Themen. Aber was will man anderes tun? Immer wieder tretet ein Schweigen ein, das nicht unbedingt als angenehm zu bezeichnen ist. Vielleicht ist er schon normalerweise schüchtern, was nicht schlimm wäre, falls dies ebenfalls nicht in meiner Natur läge. So aber bietet es ein Problem dar. Endlich finden wir dieselbe Sprache und das Gespräch ist auf der sicheren Seite. Jedoch bemerke ich zu meinem Erschrecken etwas an ihm. Er ist nicht so hübsch wie auf dem Bild, das er mir geschickt hatte! Bitte kein Photoshop-guy. Abgesehen davon spüre ich irgendetwas anziehendes, spezielles: Sein Lachen, wenn ich einen miesen Kommentar über einen Passanten nicht unterdrücken kann, seine Augen, die mich so interessiert anschauen, dass es furchterregend wird. Ich kann nicht lange in seine Augen schauen, ich kann's bei niemanden so richtig. Ich habe Angst, dass mein Herz schmilzt und ich mich nicht mehr losreissen kann. Die Fenster zur Seele, sagt man. Seine sind hell und spiegeln wirklich die Umgebung, wie Fenster. Erst zu diesem Zeitpunkt merke ich, dass er stylisch angezogen ist und seine Haare hellbraun, fast blond und weich sind. Oh, wie gerne ich meine Hand darin eingraben würde.
Wir gehen
auf einen Spaziergang entlang des Flusses. Das Wasser rauscht laut vorbei, die
Vögel tragen ihre Arien vor und die untergehende Sonne überzieht alles mit warmen Tönen des Licht. Es wird bald Frühling. Wir gehen im Schweigen. Ich höre seine Schritte gleich neben
meinen auf dem Kies. Ich höre sein Atem. Er findet meine Hand, ich verspüre ein Kribbeln, ziehe sie
aber weg. Ich weiss nicht, ob ich einer Person vertrauen kann, die ich nur einen Tag kenne.
Die dann noch den Mac als Treffpunkt ausgesucht hat. Ich
bin nicht der Art den-ersten-besten-von-der-Strasse-nehmen und brauche Zeit, um
einen zu durchschauen, kennenzulernen. Aber ist es jetzt richtig zu zögern? Inzwischen sind wir an der Bushaltestelle angekommen. Er fragt nach meiner
Nummer so unerwartet, dass ich sie ganz vergessen habe. Fail. Das heisst, er
will sich nochmals mit mir treffen. Glaube ich. So ist es immer in Filmen.
Jetzt kommt der harte Teil. Ich zögere mit dem Ausstrecken der Hand, nein, zu
steif. Ich versuche aus seinem Gesichtsausdruck zu deuten, was nun am
passendsten wäre. Schliesslich beuge ich mich vor und umarme ihn sanft, er
erwidert mit einem leichten Druck der Hand auf meinem Rücken. Ich spüre seine Wärme in mich eindringen, obwohl wir beide Jacken tragen. Ist das Wirklichkeit oder die Liebe, welche sich möglicherweise zwischen uns ausstreckt? Ich grabe in dieser kurzen Sekunde
mein Gesicht in seinen Schal. Der Geruch eines Menschen sagt sehr viel über ihn
aus. Über den Geruch seiner Haut, des Duschgels, des Parfüms den er benutzt,
des Essens, welches Zuhause zubereitet wird. Ja, ein Geruch ist essenziel für
mich. Ich rieche Bücher, Waschmittel mit Zimt und frische Luft. Mehr Zeit habe
ich nicht, um weiteres zu erkennen, aber der Geruch gefällt mir. Schon steige
ich in den Bus und wir winken uns zu. Wann werden wir wieder sehen? Als der Bus um die Ecke fährt, sehe ich ihn nicht mehr. Niemals.
Donnerstag, 10. März 2016
Fragen & Aufträge zu ›Der Trafikant‹ (bis S. 97)
1. Bringen Sie via Google etwas folgende Personen in Erfahrung:
a. den Politiker Schuschnigg (z.B. S. 74, 87)
b. Sigmund Freud
c. Schopenhauer (70)
2. Welche Ratschläge erhält Franz von Freud?
3. die »böhmische Zahnlücke« (54, 64, 80): Googeln Sie den Begriff der ›Metonymie‹ (auch hier)
4. Welche Vorwürfe macht Otto Trsnjek dem Metzger Roßhuber?
5. Wieso checkt die Mutter (66), dass Franz verliebt ist?
6. Auf S. 90 schildert Franz Anezka wichtige Eindrücke aus seiner Heimat. Was genau? Und was würden Sie jemandem von Ihrer Heimat erzählen?
7. Suchen Sie nach 5 Textstellen, die Sie aus irgendeinem Grund besonders finden oder mögen.
Freitag, 4. März 2016
Blind date: Over it?
Die Zugtüren öffneten sich. Zwei Typen stiegen ein und liefen an mir vorbei. Der mittlerweile abartig gewordene Geruch des One Million Parfüms schlug mir über die Nase, sodass ich die Augen verdrehen musste. Nun sassen die zwei auf den Vierersitz (die Füsse auf den Sitzen) und ich konnte sie gut observieren. Wie erwartet: Schipis. Ich hatte meine Musik lauter eingestellt, doch ein lautes "Amigo" unterbrach den Beat. Ich verdrehte wieder die Augen.
Die Durchsage: "Baden". Der Zug hielt an. Ich stieg aus und machte mich auf den Weg zum Theaterplatz. Jetzt nochmals alles abchecken: Parfüm-genug. (Sauvage von Dior. So teuer wie mein ganzes Taschengeld, aber es ist es wert.) Frisur-sass gut. Wie beim Gerald. Nur mit der Farbe war ich nicht ganz zufrieden. Letzten Monat hatte ich die Haare blondiert und jetzt war die Farbe fast raus. Dabei war das eine sehr teure Angelegenheit gewesen. Neue Jeans, meine Lederjacke, super. Mundgeruch-auch gut. Listerine, ich mag dich.
Ich sah sie. Melissa. Wenn ich diesen Namen höre, muss ich an Ricola Bonbons denken. Die mit dem Zitronenmelisse-Geschmack. Ich mag sie überhaupt nicht.
Sie bemerkte mich und lief in meine Richtung. Wir begrüssten uns mit einer Umarmung. Wir lächeltn uns gegenseitig an.
Sie war nicht hässlich. Gesprächig auch nicht. Äusserlich ganz das Gegenteil im Vergleich zu meiner Ex. Aber hässlich war sie nicht.
Danach gingen wir durch die Altstadt auf die Ruinen. Sie ging die Treppen hinauf. Ich war hinter ihr und schätzte ihren Po ein. Eine Perle! Total booty, es gefiel mir.
Wir sind oben angekommen und genossen die Aussicht auf die 5400 City. Dabei zogen wir an dem- von mir vorher gewickelten- Joint. Es war sicher nicht ihr erstes Mal, denn sie stellte die Frage ob es sich um Silver Haze gehandelt habe. Drinnen war tatsächlich Silver Haze! Meine Ex hat nie Weed geraucht. Sie war eine Streberin.
Einigermassen high, kehrten wir in die Stadt zurück. Zudem beschlossen unsere Magen in McDonald's zu gehen. Wir nahmen unsere Bestellung und setzten uns an einem Tisch am Fenster. Gleich wollte ich ein paar Andeutungen für den Rest des Abends machen. Ich hatte nämlich wirklich Lust darauf, Melissa flachzulegen. Gaudi muss doch sein. In dem Moment, als ich ihre Aufmerksamkeit durch ein "hey"gewinnen und ihr dies wahrscheinlich durch einen zweideutigen Witz ankündigen wollte, gewann etwas ganz Anderes meine ganze Achtsamkeit! Der Flash verschwand im gleichen Moment und ich fühlte meine Beine kaum noch. Es war meine Ex und ein Typ, die eintraten und Händchen hielten. Ich machte grosse Augen! Sie wurde ja noch dünner! Jetzt hat sie noch kleinere Titties und noch kleineren Booty. Sie hat die Haare schulterlang geschnitten. Ich dachte, dass jede Frau mit kurzen Haaren unattraktiv aussieht. Aber meine Ex strahlte... Damn! Sie lachte und sah so glücklich aus. Ich war von ihrem Lächeln tangiert. Denn dieses Lächeln kannte ich nicht. Es war neu. Zu viel Liebe an einem Ort. Ich fühlte mich verarscht. Ich wartete bis sie an der Kasse waren und rannte hinaus, ohne an Melissa zu denken. Ich rannte zum Bahnhof und nahm irgendeinen Zug. Ich wollte nur weg! Nach zwei Minuten beruhigte ich mich ein bisschen und realisierte, dass der Zug nach Waldshut fuhr. Ich fuhr hin und zurück und nach Basel und nach Bern und zurück nach Hause. Ich legte mich ganz ruhig in mein Bett hin. Mein Kopf auf dem Kissen. Im Laufe der Nacht wurde es nass. Ich weinte lange und leise.Ich fühlte mich so schwach. Kurz vor dem Morgengrauen schlief ich ein.
Am nächsten Tag begleiteten mich meine angeschwollenen Augenlider in die Küche. Dort sah ich eine Packung Ricola-Bonbons mit Zitronenmelisse-Geschmack und erinnerte mich an Melissa!
Blind Date
Es riecht nach Kaffee. Das ist
üblich so in einem Café, denke ich. Im Hintergrund arbeitet die Kaffeemaschine.
Ich mag Kaffee nicht. Vor mir steht eine Tasse Tee. Mein Tisch ist am Fenster,
so kann ich schauen wann er kommt. Meine beste Freundin kennt ihn. Sie hat ihn
vor ein paar Wochen an einem Konzert kennen gelernt. In ihren Worten passen wir
zusammen „Wie die Faust aufs Auge“. Ich kenne nur seinen Namen. Jan.
Ich war erst einmal auf einem
Blind Date. Vor 2 Jahren. Ich hatte den Typen im Internet kennengelernt. Wir
gingen in ein indisches Restaurant. Ich sah den Typen nur einmal und dann nie
wieder. Ich war nicht traurig. Er war nicht mein Typ. Ich hoffe Jan ist mein
Typ.
Es laufen nur wenige Menschen am
Fenster vorbei. Bei jedem Mann der vorbei läuft horche ich auf. Ich bin nervös.
Nicht wie vor einer Mathematikprüfung, eben anders. Ich schaue auf die Uhr. Es
ist fast halb vier. Der Mann, der Tisch am neben mir gesessen hatte, ist
mittlerweile gegangen. Auf seinem Tisch steht ein Teller mit den Überbleibseln eines
Streuselkuchens.
Die Tür geht auf. Ein Mann
betritt das Café. Er trägt eine braune Lederjacke und eine Sonnenbrille. Was
mich wundert, denn die Sonne scheint gar nicht. Seine kurzen braunen Haare sind
nicht speziell frisiert und auch sonst hat er nichts Auffälliges an sich. Er
kommt in meine Richtung. Ich zögere erst, stehe dann aber langsam auf.
Nach einer kurzen Begrüssung
setzen wir uns hin. Stille. Hin und wieder ein missglückter Versuch eine
Unterhaltung zu beginnen. Wieder Stille. Irgendwann klappt es dann doch mit dem
Reden.
Immer während er etwas erzählt
mustere ich ihn unauffällig. Er hat schöne rehbraune Augen. Sein Parfum gefällt
mir, was nicht immer der Fall ist bei einem Mann. Ich kann mich nicht mehr an
das Parfum meines ersten Blind Dates erinnern. Hatte er überhaupt Parfum
benutzt? Keine Ahnung.
Unter der Lederjacke trägt Jan
ein weisses Shirt und eine verwaschene Jeans. Alles in allem sieht er sehr
gepflegt aus.
Ich schaue wieder auf die Uhr.
17 Uhr. Reflexartig kontrolliert er seine Uhr auch. Er fragt ob ich noch einen
kleinen Spaziergang machen möchte. Ich willige ein, trotz der anfänglichen
Schwierigkeiten. Ich bin neugierig. Wir teilen uns die Rechnung und verlassen
das Café. Draussen riecht es nach Zigaretten und Abgasen. Es dämmert bereits.
Wir liefen durch einen Park. Das erinnert mich an die Spaziergänge die ich hier
früher immer mit meinen Eltern gemacht habe. Wir gingen abends eine Bratwurst
essen. Schaufenster bummeln. Und Tradition war es im Süsswarenladen einen Halt
zu machen. Mit vollen Mägen und Süssigkeiten sahen wir uns dann den
Sonnenuntergang im Park an.
Es sind schöne Erinnerungen.
Wärme. Ich spürte die Wärme eines Menschen. Natürlich, denn einer läuft neben
mir! Aber es ist als ob ich mich in Jans Nähe unwillkürlich wohl fühle, nachdem
wir das Eis gebrochen haben. Wir setzten uns auf eine Parkbank. Er erzählt von
seinem letzten Urlaub in Australien. Er kann tatsächlich surfen. Das ist
interessant. Er fragt mich ob ich Sport treibe. Ich antworte, die einzige
Sportart die ich beherrsche ist die Sportart des
Verschlafens-und-den-Zug-trotzdem-nicht-verpassens. Darin bin ich die
Spitzenreiterin. Er lacht. Ich lache auch. Die Sonne geht hinter dem Park unter
und taucht den Himmel in alle möglichen Rottöne. Wir betrachten ihn
stillschweigend.
Donnerstag, 3. März 2016
Blind Date
Sprüngli-Laden, oberes Stockwerk, dort
soll ich sie treffen. Weil ich mich aber nicht entscheiden kann, ob
ich früher, später oder genau pünktlich erscheinen soll, gehe
ich einfach mal eine Stunde früher, dann kann nichts schief gehen.
“Ein Tisch für zwei“. Hmmm, so etwas habe ich schon lange nicht
mehr gesagt.. Am Tisch angelangt muss mich mich entscheiden auf
welcher Seite ich sitzen will. Ich blicke mich herum. Auf der linken
Seite sehe ich eine Familie mit vier Kindern und einen Fernseher auf
dem ein Sportkanal zu sehen war. Auf der Rechten ein älterer Mann
der konzentriert seine Blick am Abend Zeitung liest. Vielleicht werde
ich abgelenkt wenn ich links sitze, also entschied ich mich für die
rechte Seite. “Möchten Sie etwas bestellen?“ “Noch nicht,
danke.“ Ich betrachte vom Fenster aus den schönen Sonnenuntergang
und überlege mir währenddessen was ich mit ihr später noch
unternehmen soll. Bar? Zu mainstream. Disco? Lieber nicht beim ersten
Date. Ein Spaziergang im Park? Vielleicht denkt sie ich sei zu
romantisch. Zu mir? Zu ihr? Hmm, ich glaube meine Eltern würden das
nicht toll finden, sowieso, ich hab ihnen ja gesagt, dass ich mich
mit einem Freund treffe, sonst würden sie mich nicht mal aus dem
Haus lassen. “Zuerst die Karriere dann Frauen“. “Mädchen sind
böse.“ Wenn du mit einem Mädchen unterwegs bist, bring ja kein
Baby nach Hause.“ Solche Sätze höre ich von meiner Mutter die
ganze Zeit. Aber bin da der einzige?
Scheisse!
Sie kommt in zwei Minuten und
ich muss noch pissen. Meine Beine fangen an nervös zu werden, mein
ganzer Körper wird auf einmal warm und ich bekomme Schweisshände.
Verdammt! So soll sie mich auf jeden Fall nicht sehen. Ich renne zur
Toilette. Blase geleert, Kleidung sieht gut aus, Frisur sitzt. “Show
time!“
Ich komme raus und sehe da, eine
wunderschöne Person an meinem Tisch. NEIN. Jetzt bin ich um sonst
einfach früher gekommen. Sie denkt sicher ich sei unzverlässig.
Naja egal das mache ich später wieder gut. “Hey, bist du die
Anastasia?“ “Ja, und du bist demfall Minh Trun?“ “Minh Trung
mit einem G aber sonst alles gut nett dich kennenzulernen.“ Ich
setze mich hin und betrachte währenddessen ihr wunderschönes
Aussehen. Diese perfekt gepflegten, gläzendenHaare erinnern mich an
die Sonne am Strand und die Augen sind blauer und geheimnisvoller als
der Ozean und diese Figur, meine Fresse, auf jeden Fall spiele ich
nicht in ihrer Liga was das Aussehen anbetrifft aber ich hoffe ich
kann sie mit meinem Charakter überzeugen sofern sie auf mich
eingeht. Wir kommen ins gespräch. Sie erzählt mir von ihren fünf
Hunden und ich von Tennis. Alles läuft perfekt bis auf dieses
glänzende Teil an ihrem Zahn, dass wie ein Piercing aussieht. Das
versaut ja voll ihr herziges lachen aber das sag ich ihr lieber erst
später. “Und? Hat's dir geschmeckt? Hast du lust noch irgendwo
hinzugehen?“ “Das Essen war der Hammer danke. Naja.. ich muss
morgen recht früh aufstehen aber es wäre schön würdest du mich
zum Bahnhof begleiten.“ Auf dem weg kommen mir viele Fragen auf.
Hat sie gelogen oder nicht? Habe ich etwas falsches gesagt? Wie soll
ich mich verabschieden? Mit einem Handschüttel, Umarmung oder sogar
mit einem Kuss? Und am wichtigsten, werde ich sie überhaupt
wiedersehen? Ach komm scheiss egal das wird sich ehh mit der Zeit
beantworten. “Ist dir kalt? Komm nimm meine Jacke. Was hast du
morgen überhaupt vor?“ Meine Eltern und ich gehen auf
Familienbesuch sehr früh am morgen und ich muss leider mitkommen...
Ich hätte gerne mehr Zeit mit dir verbracht aber verschieben wir das
auf das nächste Mal.“
Am Bahnhof angekommen verabschiede ich
mich von ihr und sah wie sie mit der Zeit zwischen den Menschenmengen
verschwand.
Einige Fragen und Überlegungen zum Schreiben von erfundenen Geschichten
- Muss ich alles ausformulieren? Die Neugier und das aktive Mitlesen des Lesers kann ja geweckt werden, wenn man nicht alles verrät, ausspricht, sondern manches nur andeutet. Außerdem sind gerade Gefühle oft ambivalent, widersprüchlich oder unklar.
- Manches muss aber klar erzählt werden. Ab wann fühlt sich der Leser ausgelassen, weil ihm Wesentliches vorenthalten wird?
- Was ist nichtssagende Information, die keinerlei erkennbare Funktion erfüllt? Was würde ich hingegen als Leser gerne erfahren?
- Wie beschreibe ich eine Figur, dass man sie vor sich sieht und dass sie etwas Eigenes an sich hat. Oder: Müssen gutaussehende Menschen wirklich immer grüne Augen haben?
- Wie sehr beziehe ich die Außenwelt ein, den Handlungsraum? Was erzähle ich von ihm? Wie kann ich ihn einsetzen, um den Text spannend oder interessant oder authentisch etc. zu machen?
- Kann ich das Innenleben meiner Hauptfigur vermitteln, indem ich die Welt durch ihren Blick, ihre Wahrnehmung beschreibe?
- Sprache (1): Wie kann ich meine sprachliche Freiheit nutzen, um die Stimmung meiner Figur widerzugeben? Denkt meine Figur beispielsweise in ganzen Sätzen?
- Sprache (2): Kann ich mit Syntax und dem sprachlichen Rhythmus die Atmosphäre gestalten? Ist z.B. der ganze Text eine Spiegelung emotionaler Zustände?
- Sprache (3): Wie setze ich Dialoge so ein, dass sie einen Gewinn darstellen, dass sie etwas mehr verraten als die bloße Information, z.B. Witz oder eine Einsicht über die Figur?
- Wie gestalte ich die Zeit? Wieviele verschiedene Vorgänge kann ich überhaupt schildern, ohne mich im Ungefähren zu verlieren?
- Vielleicht beschränke ich mich nur auf ein Gespräch oder eine Situation? Wie kann ich diese ausschöpfen, dass ein dreidimensionales Bild und eine gewisse Spannung entstehen?
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