Freitag, 11. März 2016

Blind Date

Ich trete hinein und als Erstes überwältigt mich der Geruch von Fett, Schweiss und stickiger Luft. Ich wollte nicht in das sogenannte „Restaurant“, McDonald’s gehen. Für das Treffen. Alles andere, nur nicht eine Fastfood Kantine. Ich wusste schon von Anfang, es wird eine Katastrophe. Nichts kann gut rauskommen in so einem Ort. Aber nun ist Ruhe und guter Gedanke angesagt. Und trotz meiner Befürchtungen, scanne ich den Raum und finde ihn einfach, am Fenster in einem der Sessel sitzend.
Ich entschuldige mich für die Verspätung, wie immer. Er scheint jedoch nicht besonders davon berührt sein und hat ein strahlende, glückliche Augen. Ob wegen mir? Nein, blödsinn.
Wir reden über schon längst abgenutzte Themen. Aber was will man anderes tun? Immer wieder tretet ein Schweigen ein, das nicht unbedingt als angenehm zu bezeichnen ist. Vielleicht ist er schon normalerweise schüchtern, was nicht schlimm wäre, falls dies ebenfalls nicht in meiner Natur läge. So aber bietet es ein Problem dar. Endlich finden wir dieselbe Sprache und das Gespräch ist auf der sicheren Seite. Jedoch bemerke ich zu meinem Erschrecken etwas an ihm. Er ist nicht so hübsch wie auf dem Bild, das er mir geschickt hatte! Bitte kein Photoshop-guy. Abgesehen davon spüre ich irgendetwas anziehendes, spezielles: Sein Lachen, wenn ich einen miesen Kommentar über einen Passanten nicht unterdrücken kann, seine  Augen, die mich so interessiert anschauen, dass es furchterregend wird. Ich kann nicht lange in seine Augen schauen, ich kann's bei niemanden so richtig. Ich habe Angst, dass mein Herz schmilzt und ich mich nicht mehr losreissen kann. Die Fenster zur Seele, sagt man. Seine sind hell und spiegeln wirklich die Umgebung, wie Fenster. Erst zu diesem Zeitpunkt merke ich, dass er stylisch angezogen ist und seine Haare hellbraun, fast blond und weich sind. Oh, wie gerne ich meine Hand darin eingraben würde.

Wir gehen auf einen Spaziergang entlang des Flusses. Das Wasser rauscht laut vorbei, die Vögel tragen ihre Arien vor und die untergehende Sonne überzieht alles mit warmen Tönen des Licht. Es wird bald Frühling. Wir gehen im Schweigen. Ich höre seine Schritte gleich neben meinen auf dem Kies. Ich höre sein Atem. Er findet meine Hand, ich verspüre ein Kribbeln, ziehe sie aber weg. Ich weiss nicht, ob ich einer Person vertrauen kann, die ich nur einen Tag kenne. Die dann noch den Mac als Treffpunkt ausgesucht hat. Ich bin nicht der Art den-ersten-besten-von-der-Strasse-nehmen und brauche Zeit, um einen zu durchschauen, kennenzulernen. Aber ist es jetzt richtig zu zögern? Inzwischen sind wir an der Bushaltestelle angekommen. Er fragt nach meiner Nummer so unerwartet, dass ich sie ganz vergessen habe. Fail. Das heisst, er will sich nochmals mit mir treffen. Glaube ich. So ist es immer in Filmen. Jetzt kommt der harte Teil. Ich zögere mit dem Ausstrecken der Hand, nein, zu steif. Ich versuche aus seinem Gesichtsausdruck zu deuten, was nun am passendsten wäre. Schliesslich beuge ich mich vor und umarme ihn sanft, er erwidert mit einem leichten Druck der Hand auf meinem Rücken. Ich spüre seine Wärme in mich eindringen, obwohl wir beide Jacken tragen. Ist das Wirklichkeit oder die Liebe, welche sich möglicherweise zwischen uns ausstreckt? Ich grabe in dieser kurzen Sekunde mein Gesicht in seinen Schal. Der Geruch eines Menschen sagt sehr viel über ihn aus. Über den Geruch seiner Haut, des Duschgels, des Parfüms den er benutzt, des Essens, welches Zuhause zubereitet wird. Ja, ein Geruch ist essenziel für mich. Ich rieche Bücher, Waschmittel mit Zimt und frische Luft. Mehr Zeit habe ich nicht, um weiteres zu erkennen, aber der Geruch gefällt mir. Schon steige ich in den Bus und wir winken uns zu. Wann werden wir wieder sehen? Als der Bus um die Ecke fährt, sehe ich ihn nicht mehr. Niemals.

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