Dienstag, 10. November 2015

Tagebucheintrag von Ludwig: Das Zwillingsgelübde


Johann ist mein bester Freund, bzw. er war es. Denn seit gestern Abend sind wir viel mehr als das: wir sind jetzt Zwillinge! Wir haben nämlich festgestellt, dass wir gegen die beiden Zwillingsbrüder aus Potsdam, die uns jetzt schon zweimal hintereinander besiegt haben, nur dann gewinnen können, wenn wir auch Zwillinge werden. Wir sind schon jetzt gleich gross und schwer und haben die gleichen technischen Fähigkeiten im Rudern, doch wenn wir Zwillinge werden wollen, dann müssen wir noch gleicher ticken und gleicher sein, als dass wir es schon jetzt tun. Wir müssen zu einer Person werden, die sich auf zwei Körper aufteilt. Falls ich von der Brücke stürzen würde, müsste er es auch tun, denn als Zwillinge müssen wir auch gleichzeitig sterben, sonst lebt ja nur die Hälfte unserer gemeinsamen Persönlichkeit zu Ende.

Ich bin so überaus glücklich, durch unser Gelübde nämlich sind für alle Zeiten aneinandergebunden. Ich brauche jemanden, mit dem ich alles gemeinsam erleben und entdecken kann und mit dem ich über alles sprechen kann. Niemand anderes darf ein engeres Verhältnis mit einem von uns beiden haben, als dass wir es haben. Wenn dies doch eines Tages der Fall sein sollte, dann müssen wir uns wirklich auf ewig aneinanderbinden, indem wir beide zusammen gleichzeitig, am gleichen Ort und auf die gleiche Art in eine Welt eintreten, in der uns nichts und niemand mehr auseinander reissen kann.

1 Kommentar:

  1. Sie stellen Ludwigs inneren Willen, auf Leben und Tod mit Johann zusammengeschweißt zu sein, ins Zentrum. Am Ende machen Sie klar, dass er den gemeinsamen Tod im Grunde bereits zu diesem frühen Zeitpunkt als Möglichkeit in Betracht zieht. Das ist durchaus möglich, aber nicht zwingend.

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